Erstelldatum: 11.05.2020
Letzte Bearbeitung: 27.05.2021
Warum sollten Bauherren und Hauskäufer einen Sachverständigen beauftragen?
Marode Balken, leckende Rohre oder fehlende Dämmung – all das gehört zu den typischen Problemen, die ein Laie beim Kauf von Bestandsimmobilien oft nicht erkennt. Doch beim Hauskauf gilt: Gekauft wie gesehen. Deshalb bleiben frisch gebackene Hausbesitzer in solchen Fällen meist auf den Kosten für Reparaturen und Renovierungsarbeiten sitzen. Von Baumängeln können auch viele Bauherren ein trauriges Lied singen: Wenn sich im Neubau schon nach wenigen Monaten Risse in den Wänden zeigen, Feuchtigkeit und Schimmel auftreten oder gar der Putz abbröckelt, ist das ein echtes Problem. Beim Neubau bestehen zwar fünf Jahre Gewährleistung, aber sobald der Neubau abgenommen wurde tritt die Umkehr der Beweislast in Kraft. Mit anderen Worten: Ab diesem Zeitpunkt muss der Bauherr beweisen, dass es sich um einen Baumangel handelt.
Tipp: Beauftragen Sie einen Sachverständigen schon während der Bauphase oder vor dem Kauf, um sich Sicherheit zu verschaffen, bevor der Vertrag unterschrieben oder die Baufirma für den Neubau bezahlt wird. Zu diesem Zweck bieten versierte Experten wie beispielsweise Architekten oder Bauingenieure ihre Dienste als Baugutachter bzw. Bausachverständige an. Sie nehmen die zum Kauf bestimmte Immobilie oder das im Entstehen begriffene Ein- oder Mehrfamilienhaus in mehreren Schritten kritisch unter die Lupe. Vor allem beim Hausbau ist die sogenannte baubegleitende Qualitätssicherung für alle Bauherren Pflicht.
Die Leistungen der Bausachverständigen umfassen folgende Punkte:
- Aufdecken und Bewerten von Baumängeln und Bauschäden
- Abnahme von Teilabschnitten
- Kontrolle der Bauausführung
- Analyse bekannter Schwachstellen, beispielsweise durch Feuchtemessung oder Kontrolle der Abdichtung
- Wohnflächenberechnung
- Wertgutachten für Bestandsimmobilien
Sollte es tatsächlich zum Rechtsstreit mit dem Bauunternehmen kommen, sind die meisten Gutachter auch für die Beweissicherung und für den Auftritt als Gerichtsgutachter im Einsatz.
Wann genau sollte ein Bausachverständiger beauftragt werden?
Bauherren können Baugutachter an verschiedenen Stellen des Bauprojekts ins Boot holen. Viele Hausbauer setzen von Beginn an auf Sicherheit und lassen im Laufe der Bauarbeiten mehrere Kontrollen durch einen Sachverständigen durchführen. Eine andere Möglichkeit ist es, den Baugutachter erst zum Ende der Arbeiten hin einzubinden und vor allem für die Abnahme des Bauprojektes einzusetzen.
Wer hingegen ein Haus kaufen möchte, muss vor Unterzeichnung des Kaufvertrages alle Eventualitäten geklärt haben. Deshalb sollten sich Immobilienbesitzer in spe auch bei hohem Marktdruck die Zeit nehmen, das potenzielle Kaufobjekt durch einen Sachverständigen ausführlich begutachten und bewerten zu lassen. Es empfiehlt sich, schon während der Suche nach einem passenden Haus Kontakt zu einem Bausachverständigen aufzunehmen. So geht die Beauftragung besonders flott, wenn tatsächlich die passende Traumimmobilie gefunden wurde.
Tipp: Sollte sich der Verkäufer gegen ein Baugutachten wehren, meist mit dem Hinweis auf Zeitdruck, so ist dies in der Regel ein deutliches Warnsignal, dass sich eventuell versteckte Baumängel oder Schäden an der Immobilie befinden.
Neben der Bewertung von Bestandsimmobilien beim Hauskauf und der Arbeit der Baufirmen beim Hausbau stehen Bauingenieure, Architekten und andere Baugutachter auch für Wertgutachten zur Verfügung. Um den aktuellen Wert einer Immobilie genau bestimmen zu können und ihr Haus dadurch nicht unter Wert zu verkaufen, setzen viele Immobilienbesitzer auf die unabhängige Einschätzung durch Bausachverständige als Experten.
Die Arten und Kosten von Bausachverständigen
Baugutachter als objektive Sachverständige bei Bauprojekten oder Bestandsimmobilien einzusetzen, ist auf verschiedene Weise möglich. Generell sollten Bauherren bzw. potenzielle oder bestehende Immobilienbesitzer darauf achten, dass der in Frage kommende Bausachverständige ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger ist oder alternativ die Zertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024 nachweisen kann. Laut dem Bundesverband Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter e. V. ist übrigens davon auszugehen, dass der Fokus der Branche zukünftig vor allem auf unabhängigen, fachlich zertifizierten Gutachtern liegen wird. Sie lösen nach Prognose des Bundesverbands zunehmend die öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ab. Hintergrund: Die DIN EN ISO/IEC 17024 stellt eine EU-weit einheitliche Regelung dar, während das Modell der öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen nur in Deutschland üblich ist. Sollten Sie unter starkem Zeitdruck stehen und aus Termingründen keinen öffentlich bestellten oder zertifizierten Bausachverständigen beauftragen können, können Sie einen anderweitig qualifizierten Sachverständigen nehmen. Im Internet werden Sie dazu schnell fündig, achten Sie dabei auf die Qualifikationen, Ausbildung und Erfahrung im Bereich Wohnbau.
Da jeder Auftrag individuell bewertet wird, lassen sich für die Kosten von Bausachverständigen nur allgemeine Rahmen angeben. So können Hauskäufer sich in der Regel bereits für ca. 400 bis 500 € eine mündliche Einschätzung als sogenanntes Kurzgutachten zu Baumängeln, Schäden und Gesamtzustand eines Einfamilienhauses von einem Baugutachter geben lassen. Ist eine schriftliche Dokumentation in Form eines Gutachtens gewünscht, kommen ca. 300 bis 500 € dazu. Geht es um ein Wertgutachten, hängt der Preis vom Aufwand für den Sachverständigen ab. Die fachkundige Einschätzung des aktuellen Verkehrswertes einer Immobilie und die Beratung durch einen Sachverständigen schlagen üblicherweise mit Kosten zwischen 100 und 800 € für ein Kurzgutachten zu Buche.
Die höchsten Kosten entstehen, wenn der Bausachverständige im Rahmen der baubegleitenden Qualitätskontrolle ein Bauprojekt begleitet. Durch zahlreiche Termine für die Prüfung des Baufortschrittes vor Ort entstehen Kosten zwischen mehreren Hundert bis zu mehreren Tausend Euro für den Gutachter. Hierbei erhalten Sie jedoch die genaueste Prüfung und die höchste Sicherheit.
Der Sachverständige und die baubegleitende Qualitätskontrolle
Auf die baubegleitende Qualitätskontrolle durch einen unabhängigen, öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen verzichten heute nur noch wenige Bauherren. Auch Gutachter, die nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifiziert sind, kommen häufig zum Einsatz, um während der Bauphase die Leistungen der einzelnen Gewerke fachkundig und objektiv zu überprüfen. Einen Bausachverständigen sollten Bauherren bereits in der Planungsphase des Hausbaus finden und beauftragen. Dann wird ein Vertrag erstellt, in dem in der Regel die genaue Anzahl der Kontrollen und Abnahmen festgehalten wird, für die der Sachverständige vor Ort sein wird. Generell kann der Bauherr sich auf diese Weise durch Teilabnahmen über jeden einzelnen Schritt im Bauvorhaben Sicherheit verschaffen.
Je nach Art des Bauprojekts – ob Massiv- oder Fertigbau – unterscheiden sich die Leistungen der Sachverständigen. Die baubegleitende Qualitätssicherung umfasst üblicherweise auch die Dokumentation eventueller Baumängel und Probleme durch den Gutachter. Das kann später von Vorteil sein, sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Bauunternehmen kommen.