Erstelldatum: 26.07.2021
Sinterschichten: Was ist das?
Eine Sinterschicht, die auch „Kalkhaut“ genannt wird, ist eine sehr dünne, harte Ablagerung auf Gipsputz oder Calciumsulfatestrich (auch Anhydritestrich genannt). Sie wirkt matt bis glänzend und tritt zunächst stellenweise auf. Das Problem: Die Sinterschicht mindert häufig die Trag- und Saugfähigkeit des Untergrundes. Das betrifft sowohl den Gipsputz als auch den Calciumsulfatestrich. Sie können also nicht wie geplant einfach mit den nächsten Arbeitsschritten weitermachen und eine Grundierung oder einen Kleber aufbringen.
Wie entstehen Sinterschichten?
Sinterschichten sind in erster Linie materialbedingt. Sie entstehen durch den Kapillareffekt: Flüssigkeit steigt entgegen der Schwerkraft nach oben, wenn genügend enge Röhren, Spalten oder Hohlräume in Feststoffen vorhanden sind. Diesen Effekt kennen Sie von Pflanzen: Unter anderem auf diese Art gelangt Wasser aus den Wurzeln nach ganz oben in die Baumkronen. Bei Gipsmaterialien wie Gipsputz oder Calciumsulfatestrich transportiert das Wasser dabei leichte Stoffe an die Oberfläche: Kalk oder andere Zusätze lagern sich ab und bilden die Sinterschicht.
Auch wenn Gipsuntergründe materialbedingt dazu neigen, Sinterschichten zu bilden: Es gibt bestimmte Faktoren, die diesen Vorgang begünstigen. Dazu gehört ein zu hoher Wasseranteil, eine zu lange Bearbeitung und vor allem beim Gipsputz eine unzureichende Belüftung während der Trocknung.
So verhindern Sie, dass Sinterschichten entstehen
Calciumsulfatestrich richtig verarbeiten
Beim Calciumsulfatestrichs (Andydritestrich) ist die sachgemäße Verarbeitung besonders wichtig, damit keine Sinterschicht oder Kalkhaut entsteht. Eine zu hohe Wasserzugabe erhöht das Risiko, dass sich Bindemittel oder andere Zusätze an der Oberfläche absetzen. Aber auch ungünstige Witterungsverhältnisse, wie zu niedrige Temperaturen und eine zu hohe Luftfeuchtigkeit, begünstigen die Entstehung von Sinterschichten.
Tipp 1: Planen Sie zur Sicherheit zeitlich und finanziell ein, dass bei Calciumsulfatestrich eine Sinterschicht auftreten kann, die Sie entfernen müssen. Tritt die Sinterschicht nicht auf, haben Sie Zeit und Geld gespart.
Gipsputz: Richtig lüften verhindert Sinterschichten
Besonders beim Gipsputz müssen Sie während der Trocknungsphase auf die richtige Belüftung achten. Dabei geben auch hier die Jahreszeit und die Witterungsverhältnisse einen Ausschlag.
Grundsätzlich dürfen gipshaltige Putze nicht bei Temperaturen unter +5 °C verarbeitet werden. Aber auch wenn die Temperaturen höher liegen: Kühle Temperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit erschweren das Abtrocknen und begünstigen das Entstehen von Sinterschichten.
Tipp 2: Besonders die ersten Wochen nachdem der Putz aufgetragen wurde, sind entscheidend. Lüften Sie daher in dieser Zeit mehrmals und öffnen Sie dabei Fenster und Türen weit.
Wie so häufig im Leben gilt auch hier: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Wenn Sie bereits in der Trocknungsphase des Gipsputzes auf die richtige Lüftung achten, entsteht erst gar keine Sinterschicht. Weitere Hinweise finden Sie in einem Merkblatt der Industriegruppe Baugipse im Bundesverband der Gipsindustrie e.V.
Sinterschichten auf Gipsputz oder Calciumsulfatestrich: So erkennen Sie die Ablagerungen
Oft erkennen Sie Sinterschichten schon mit dem bloßen Auge: Die sehr harte, dünne Kalkhaut hebt sich optisch von anderen Stellen ab. Um eine Sinterschicht einwandfrei zu identifizieren, können Sie eine Gitterritzprüfung durchführen.
Hierzu ritzen Sie mit einem spitzen Gegenstand (zum Beispiel ein Nagel oder ein Cuttermesser) Linien in den Untergrund. Lassen Sie dabei ungefähr 1 cm Abstand zwischen den Linien und ritzen Sie diagonal in einem Winkel von 45° weitere Linien ein, bis ein Gitternetz entsteht. Bereits jetzt können Sie häufig an den Knotenpunkten des Gitters erkennen, dass die obere Schicht abplatzt.
Zur Sicherheit können Sie noch ein wenig Wasser auf das Gitternetz auftragen. Liegt tatsächlich eine Sinterschicht vor, nehmen nur die eingeritzten Linien das Wasser auf. An allen anderen Stellen verhindern die Ablagerungen, dass der Gipsputz oder der Calciumsulfatestrich das Wasser aufnehmen. Daran zeigt sich anschaulich, warum Sie zunächst die Sinterschicht entfernen müssen, bevor Sie mit den nächsten Arbeitsschritten fortfahren können.
So entfernen Sie Sinterschichten
Calciumsulfatestrich: Darum ist das Schleifen so wichtig
Je nachdem, wie dick die Sinterschicht ist, müssen Sie den Calciumsulfatestrich lediglich anschleifen oder auch abschleifen. Auf jeden Fall muss die Sinterschicht komplett entfernt werden, damit Sie die nächsten Arbeitsschritte durchführen können. Den Staub, der dadurch entsteht, entfernen Sie am besten mit einem Industriestaubsauger.
Tipp 3: Da bei Calciumsulfatestrich (Anhydritestrich) materialbedingt häufig eine Sinterschicht bzw. Kalkhaut auftritt, empfehlen wir, diese Art Estrich vor den nächsten Arbeitsschritten immer erst anzuschleifen. Lesen Sie hierzu die Herstellerempfehlungen genau. Die Empfehlungen können je nach Estrich leicht abweichen.
Vertiefende Hinweise finden Sie in einem Merkblatt des Industrieverbandes WerkMörtel e. V. und der Industriegruppe Estrichstoffe im Bundesverband der Gipsindustrie e. V..
Gipsputz: Anschleifen oder chemische Behandlung
Auch beim Gipsputz bietet sich zunächst das An- bzw. Abschleifen der Sinterschichten an. Achten Sie bei der Wahl der Körnung darauf, dass diese nicht zu grob ist. Ansonsten besteht Gefahr, dass Sie nicht nur die Sinterschicht entfernen, sondern Rillen und Dellen in den Gipsputz schleifen.
Beim Gipsputz haben Sie neben dem An- bzw. Abschleifen der Sinterschichten eine weitere Möglichkeit: Die Fluatierung. Hierbei tragen Sie das Fluat auf die betroffenen Stellen auf. Kohlesäurebläschen zeigen an, dass der chemische Prozess die Sinterschicht entfernt. Eventuell ist ein zweiter Auftrag notwendig. Anschließend waschen Sie die behandelten Stellen gründlich mit Wasser ab. Manchmal reicht es aus, die Fläche mit einem Glätter scharfkantig abzuziehen.
Tipp 4: Da Fluat eine Säure ist, achten Sie unbedingt auf alle Herstellerangaben. Auch Ihr Werkzeug muss säurefest sein. Decken Sie alle Bereiche, die Sie nicht mit dem Fluat behandeln wollen, sorgfältig ab. Schützen Sie besonders Ihre Haut, Ihre Augen und die Atemwege.